• 2021 Lesbos ©Willi Filz
  • 2019 Zaun am Fährhafen ©Thomas Müller
  • 2021 Lesbos ©Willi Filz
  • 2020 Moria Lesbos ©Willi Filz
  • 2019 Camp im Calaiser Jungle ©Uwe Schlüper

Asylbewerberleistungsgesetz nicht fortentwickeln, sondern abschaffen

Leistungskürzungen für alleinstehende und alleinerziehende Geflüchtete im AsylbLG sind verfassungswidrig. Zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ein Interview mit der prozessbeteiligten Rechtsanwältin Eva Steffen. Dass die Leistungen für alleinstehende und alleinerziehende Asylsuchende und Geduldete in Sammelunterkünften seit 2019 um zehn Prozent gekürzt werden, ist verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht heute bekannt gegeben. Geklagt hat ein geduldeter Mann aus Sri Lanka, PRO ASYL hat das Verfahren unterstützt. Vertreten wurde der Mann von Rechtsanwältin Eva Steffen aus Minden, Sozialrechtsexpertin und langjährige Streiterin für menschenwürdige Sozialleistungen. Sie hat mit uns darüber gesprochen, was der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.10.2022 bedeutet.

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Leistungskürzung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für Alleinstehende und Alleinerziehende in Sammelunterkünften für verfassungswidrig erklärt. Worum genau ging es in dem Verfahren?

Der Gesetzgeber hatte von den in Sammelunterkünften untergebrachten Menschen verlangt, wie in einer Ehe oder Partnerschaft füreinander einzustehen, gemeinsam zu wirtschaften und dadurch Ausgaben einsparen. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht unmissverständlich klargestellt, dass der Gesetzgeber zwar verlangen kann, alle erforderlichen und zumutbaren Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Hilfebedürftigkeit zu vermindern. Eine pauschale Absenkung existenzieller Leistungen kann jedoch nur verlangt werden, wenn diese Pflichten tatsächlich erfüllbar sind und der Bedarf auch nachweisbar gedeckt wird. Leistungen dürfen nicht auf der Grundlage einer reinen Vermutung von Einspareffekten abgesenkt werden, ohne dies für die konkreten Verhältnisse hinreichend tragfähig zu belegen. Es liegen aber keinerlei Erkenntnisse vor, wonach alleinstehende Bedürftige in den Sammelunterkünften gemeinsam wirtschaften und dadurch relevante Einsparungen erzielen. Dies kann auch nicht von ihnen erwartet werden.

Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber schon im Juli 2012 genaue Vorgaben an die Bemessung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gemacht. Diese Vorgaben hat der Gesetzgeber nicht nur mit der heute für verfassungswidrig erklärten Regelung eindeutig und offenkundig ignoriert.

Die Bundesregierung hat zur Einführung der Regelung 2019 geschätzt, dass die Kosten um rund 40 Millionen Euro sinken würden. Der Gesetzgeber hat hier ersichtlich seinen Gestaltungs – und Beurteilungsspielraum missbraucht, um Geld zu sparen.

Quelle: Pro Asyl

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