• 2021 Lesbos ©Willi Filz
  • 2019 Zaun am Fährhafen ©Thomas Müller
  • 2021 Lesbos ©Willi Filz
  • 2020 Moria Lesbos ©Willi Filz
  • 2019 Camp im Calaiser Jungle ©Uwe Schlüper

Gesetzeslücke endlich schließen: Menschen in Abschiebehaft brauchen einen Pflichtanwalt!

12.10.2022 | Aktuell, Presseerklärungen des FRNRW Mehr als 50 Organisationen fordern Pflichtanwälte für Menschen in Abschiebehaft Bochum, 12.10.2022 Pressemitteilung 15/2022 Mehr als 50 Organisationen fordern den Bundestag sowie die Bundesminister*innen Nancy Faeser, Dr. Marco Buschmann und Lisa Paus auf, Menschen, die sich in Abschiebehaft befinden, Anwält*innen zur Seite zu stellen und das gesetzlich vorzuschreiben. Dass dies bislang nicht verpflichtend ist, sei „eines Rechtsstaates unwürdig“, so die Unterzeichner eines Positionspapiers. Immer wieder landen in Deutschland Menschen in Abschiebehaft und werden somit ihrer Freiheit beraubt, ohne dass sie sich dagegen wehren können. Mehr als fünfzig Organisationen aus dem gesamten Bundesgebiet kritisieren diese Praxis in einem Positionspapier scharf. Sie fordern das Bundesinnenministerium, das Bundesjustizministerium, das Bundesfamilienministerium sowie Mitglieder ausgewählter Bundestagsausschüsse auf, analog zur Pflichtverteidigung im Strafprozess auch eine Pflichtbeiordnung von Anwält*innen in Verfahren zur Anordnung von Abschiebungshaft gesetzlich einzuführen.

Eine entsprechende Möglichkeit bietet das angekündigte neue Gesetzespaket zum Migrationsrecht. Der Flüchtlingsrat NRW hat zudem die nordrhein-westfälische Flüchtlingsministerin Josefine Paul aufgefordert, entsprechend in Richtung des Bundes tätig zu werden.Zu den Unterzeichnern gehören neben dem Flüchtlingsrat NRW unter anderem PRO ASYL, Amnesty International, Diakonie, Caritas, Jesuiten-Flüchtlingsdienst, terre des hommes, der Deutsche Anwaltverein, der Republikanische Anwaltverein und die Neue Richtervereinigung.

Menschen werden inhaftiert, ohne dass sie eine Straftat begangen haben

In der Abschiebungshaft wird einer Person die Freiheit entzogen, ohne dass sie eine Straftat begangen hat. Die Haft sichert lediglich die Abschiebung, also den Vollzug eines Verwaltungsaktes. Abschiebungshaft löst großes Leid aus: Je länger die Menschen sich in einem solchen Gewahrsam befinden, umso größer wird der seelische und körperliche Schaden. Sind Kinder involviert, weil etwa der Vater oder die Mutter in Abschiebungshaft genommen wurde, kann dies zudem langfristige Folgen für das körperliche und seelische Wohl der Kinder bedeuten.

Mit diesem Freiheitsentzug wird also massiv in die Grundrechte der betroffenen Person eingegriffen. In unserem Rechtsstaat werden deshalb an einen Haftbeschluss hohe formale und inhaltliche Anforderungen gestellt. Diesen Anforderungen wird die Praxis in der Abschiebungshaft häufig nicht gerecht; valide Schätzungen gehen von rund fünfzig Prozent fehlerhaften Inhaftierungen aus. Bei einer derart hohen Fehlerquote drohen rechtsstaatliche Grundsätze ihre generelle Gültigkeit zu verlieren. Eine Ursache für die Fehlerquote ist, dass Betroffene, die oftmals mittellos sind und denen es an System- und Sprachkenntnissen fehlt, ohne professionellen Beistand vor Gericht keine Chance haben, ihre Grundrechte zu verteidigen. „Die Freiheitsentziehung stellt das schärfste Schwert unseres Rechtssystems dar“, fassen die Unterzeichner zusammen. Um den Rechtsstaat durchzusetzen und das Leid der Betroffenen zu mindern, braucht es deshalb eine Pflichtbeiordnung von Anwält*innen.


Für Rückfragen stehen wir unter der angegebenen Telefonnummer zur Verfügung.
Birgit Naujoks, Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen e.V.

Die Pressemitteilung finden Sie hier auch als PDF-Datei.

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